Ruth Biller

Bewegung und Erinnerung -Movement and Memory

Aus freien Stücken 2024

Galerie Vayhinger, Singen. 10.2.24 bis 6.4.24

Malerei

5 Sätze über meinen Aufenthalt aus freien Stücken:       Im November habe ich täglich den Nebel in Bregenz steigen und fallen gesehen. Das war filmisch, malerisch, unstetig… Bäume versinken, Nahes wirkt fern, alles verschwimmt…. so etwas hat Einfluss, besonders auf die Bildräumlichkeit, also die Ironie aus gestaffelten Horizonten und Bergen in meiner Arbeit mit den Spitzen. Durch die nebligen Strassen nahm ich die von freundlichen Menschen erhaltene Beute in mein zeitweiliges Atelier: gerollte Borten, zierliche Gewebestücke, Spitzenkrägen paarweise gespiegelt wie abgelegte Flügel eines Urtiers. Berlin und Bregenz fangen mit B an. Das erinnert mich an On Kawaras Datumsbilder …ich könnte jetzt noch Brüssel nennen- bestimmt würde ich da nicht mehr aussteigen bei den vielen B-Orten (Borten)….aber entgegengesetzt ohne Stickmaschinenmetrik nach der Atmosphäre gefragt, also dem Buchstaben A wie ein Aufenthalt, den ich selbst bestimme und Spitzen in Bilder verwandle. S, wie Singen wie Spitzen: die Orte verwandeln sich in Stickerei. 

Geklöppelt werden Sternenbilder 2023

Raum für Kunst- QuadrART, Dornbirn, Austria Über die Ausstellung schreibt der Kurator Alfred Graf: Das Sein des Nichts Dreißig Speichen treffen die Nabe, die Leere dazwischen macht das Rad Lehm formt der Töpfer zu Gefäßen, die Leere darinnen macht das Gefäß Lao Tse Ohne das Nichts wäre die Spitze bloß ein Gewebe, ein Leintuch. Ruth Biller hat sich während ihrer Residency in Bregenz dem Thema Spitze, speziell der aus Lustenau angenähert. Erst hat sie recherchiert, dann erprobt, wie sich die Sujets in ihren malerischen Kosmos einbringen lassen. Martina Pfeiffer meint zur Vorgehensweise: „Das Auge erfindet, das Gedächtnis fügt hinzu, der malerische Prozess entwickelt daraus den Akt des eigenen Willens und Vertrauens auf Intuition, einer Spur zu folgen, diese im Bild zu konkretisieren, in Farbe zu materialisieren.“…so die Künstlerin. Bis es zur Arbeit an der Leinwand, auf dem Papier oder anderen künstlerischen Ausdrucksformen kommt, gehen Reflexionen, Recherchen in Bibliotheken oder notwendig wirksamen Orten voraus. Ruth Biller taucht ein, archäologisch, forscherisch, oder mit der Kamera, um zum Ausgangspunkt vorzudringen. Sie spürt der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen nach und sucht dem aus verschiedenen Zeit- und Seinsebenen zusammengesetzten Blick, der immer nur ein Augen-Blick ist, Dauer zu verleihen. Eine schöne Oberfläche wird fragmentiert, Körper und Gesten aus ihrer Zeit gerissen und versetzt in eine erfundene – fließende Räumlichkeit. (Aus „Künstlerisches Schaffen als seismografisches Handeln“, 2023, Kulturring Berlin) Auch die Produzentinnen der Spitze, die Klöpplerinnen hat die Künstlerin bedacht. Doch die berühmteste, die von Jan Vermeer 1669/70 gemalte lässt sie klugerweise außen vor. Am Fest Mariaschnee beteten die Brüsseler Spitzenklöpplerinnen, daß ihr Werk weiß wie Schnee bleibe. (W. Bleier) Wolfgang Bleiers Wort- und Satzschöpfungen haben für mich etwas sehr Bildhaftes. Bilder entstehen bekanntlich durch den Sehprozess ohnehin ausschließlich im Kopf. Ob nun durch Pinsel- oder Zeichenstriche, in Farbe oder Schwarz und Weiß, als über Papier gestreute Buchstaben, unsortiert oder geordnet, sind Betrachtende gefragt, die Kürzel zu einem Bild zu fügen, den Prozess zu Ende zu führen. So sind ausgewählte Texte auf Augenhöhe mit den Objekten der bildenden Kunst in die Ausstellung eingebaut. Ludwig Wittgensgtein postulierte die Verschiedenheit des Blicks auf die Welt, je nach Ausformung eines darüber gelegten Filters. Ich begann mit dem Entschluss diese Ausstellung der Spitze zu widmen, „meine“ Welt auf Reisen durch Geklöppeltes zu betrachten. Sri Lanka: flinke Finger zupfen die Spitzen des Teestrauches ab Türkei: zartes Grün spitzelt aus Knospen – prima vera ein Ausbruch in riesiger Zahl, dem Winter das Grau zu nehmen Blüten kontern mit Weiß, bevor weitere bunte Farben treiben. Rauschhaft. Blütenspitzen: Wystreria, Paulownia, Mohn Rumänien: scharfe Spitzen, wie von Waffen oben auf den Zäunen, darunter Ornament, Zierrat für das Nette, Freundliche Daheim: Kirchturmspitzen, Bergspitzen Spitze Spitzen Kalzite, Fischbeine Spitze Federn im Vogelflug Fadenstiche in die Luft: Nähe, nähe, Wind und Wetter! (W. Bleier) Noch mehr Spitzen ...spitzen Einfach spitze! Alfred Graf

The Return 2022

Soll ich zurückkehren oder gehen? Lora Sariaslan, Kunsthistorikerin und Kuratorin: In der Ausstellung The Return taucht das Thema „Rückkehr“ sowohl im Ausstellungsformat als auch in den Werken selbst auf und zeigt die Tendenzen der Künstler, zu Konzepten über eine Vielfalt von Materialien und Prozessen hinweg zurückzukehren. Durch Installation, Malerei, Druck, Skulptur und Fotografie setzen sich die Künstler mit Fragen von Vertrautem und Fremdem, Heimat und Exil, Zugehörigkeit oder Rückkehr zu sich selbst auseinander. Rückkehr oder die Rückkehr.Der Akt der Rückkehr umfasst mehrere Elemente: die Entscheidung, zu einer Person, einem Ort oder einer Aktivität zu kommen oder zurückzukehren. Oder wenn man etwas zurückgibt, bedeutet es den Akt des Zurückgebens, ob man will oder nicht. Darüber hinaus kann es auf den ultimativen Wunsch nach Rückkehr oder „Nostalgie“ hinweisen, den der Schweizer Arzt Johannes Hofer 1688 geprägt hat, um sich auf das extreme Heimweh zu beziehen, das die Schweizer Soldaten in fremden europäischen Armeen erlebten. 2 Nostalgie kommt vom griechischen nostos und bedeutet „ nach Hause zurückkehren“ und Algie „Schmerz“ oder „Leiden“. Nostalgie bedeutet wörtlich Heimweh und ist eine „krankhafte Sehnsucht, in die Heimat oder Heimat zurückzukehren.“3 Es ist eine Sehnsucht nach der Vergangenheit, die aus der Trennung in und von der Zeit stammt.Daher verkörpert die Rückkehr Schichten von (emotionalen) Bewegungen, und der Akt der Rückkehr kann als palintropisch angesehen werden oder als das, „das sich weiterdreht“ oder „sich umkehrt“; ein Zurückgehen auf sich selbst, eine Art Umkehrung.4 Ob durch den bloßen Akt der Präsentation des Akts der Rückkehr oder durch die Befähigung des Materials, von einer Rückkehr zu sprechen, die Ausstellung The Return beginnt und gelangt zu einer Auswahl von Künstlern, die dies verkörpern Handlung sowie die Vorstellung......(Auszug)

Vision und Wanderschaft - Arbeiten auf Papier 2017-2023- Vision and Wandering-Works on Paper 2017-2023

22 Titel: Gouache auf Britannia Hahnenmühle Papier.

Size:60x80cm/50x60cm/30x30cm

In der Reihe geht es um die Bewegung des Menschen: in der Phantasie und real. Die Verknüpfungen mit Natur und vom Menschen geschaffener Umwelt, das Verlassen und Ankommen unter schwankenden, nomadischen Bedingungen. Das Gedächtnis speichert Bilder von Verortungen, die sich zeitlich wie ein Kaleidoskop rückwärts und vorwärts drehen. Meine Eindrücke entstammen eigenen wie gefundenen Motiven und Inspirationen. Das visuelle Zusammenfügen spiegelt eine Momentaufnahme in der Bewegung. Die Werke sind prozesshaft und frei in Schichten oder Lasuren mit Wasserfarbe und Gouache gemalt.

The series is about human movement: in the imagination and in reality. The connections with nature and man-made environment, leaving and arriving under fluctuating, nomadic conditions. Memory stores images of locations that rotate backwards and forwards in time like a kaleidoscope. My impressions come from my own found motifs and inspirations. The visual assembly reflects a snapshot in motion. The works are processual and freely painted, in layers or glazes with watercolor and gouache.